Unser Fokusthema 2025: Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: Heute: Warnsysteme Teil 1: Sirenen

In der griechischen Mythologie ist eine Sirene ein Wesen, das Seefahrer durch seinen betörenden Gesang anlockt und vernichtet. Aber was sind und bedeuten Sirenen heute und wie haben sich Sirenen entwickelt?

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Schon im Mittelalter waren die Gemeinden verpflichtet einen Brandschutz aufzubauen. Zur Alarmierung der Bevölkerung wurden Türmer oder Nachtwächter eingesetzt, die durch den Ruf „Feurio" auf einen Brand in der Gemeinde hinwiesen. Blickt man nunmehr zurück, wann die ersten Sirenen dazu verwendet wurden, die Bevölkerung vor Gefahren zu warnen, landet man am Ende des 18. Jahrhunderts, als die erste Sirene von dem schottischen Mathematiker und Physiker John Robinson erfunden wurde. Die Namensgebung von Sirenen zur Warnung der Bevölkerung kam 1819 durch den französischen Physiker Carl Cagniard. Der Name leitet sich von dem weiblichen Fabelwesen der griechischen Mythologie ab.

Die Sirenen wurden nicht ausschließlich zur Warnung bei Feueralarm genutzt, sondern dienten -insbesondere im 2. Weltkrieg- als Warnung vor Luftangriffen und wurden in Zeiten des Kalten Krieges auch als Warngeräte vor Luft- und Atomalarm eingesetzt. Zur Gewährleistung, dass die Sirenen auch funktionierten und als Gedankenstütze für die Bevölkerung wurden die Sirenen früher mindestens einmal im Jahr ausgelöst, was seit kurzer Zeit auch wieder -am jährlich geplanten Warntag- geschieht. Mit dem Ende des Kalten Krieges wurde das Sirenennetz stellenweise zurückgebaut und wurde meist nur noch als Alarmierung für die Feuerwehr genutzt. Die Anzahl der funktionsfähigen Sirenen, die aber nicht mehr Stand der heutigen Technik sind, wurde im Jahre 2022 zwischen 15.000 und 35.000 geschätzt. Nach dem heftigen Unwetter im Ahrtal 2021 kommt dem Sirenennetz mit elektronischen Sirenen von den Städten und Gemeinden wieder mehr Bedeutung zu und es wird wieder neu aufgebaut, da stärkere Unwetter generell zunehmen. Die Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen wurden mit neuen Pagern ausgerüstet, um die Bevölkerung nicht bei jedem Einsatz zu beunruhigen.

Die in Deutschland am häufigsten verwendete Sirene ist die Standardsirene vom Typ E 57 (Einheitssirene aus dem Jahr 1957) mit 9 Ports und heult mit einer Lautstärke von 101 dB(A) in 30 m Entfernung und einer Tonhöhe von (420 +/- 16,5) Hz bei (2800 +/- 110) Umdrehungen pro Minute. Von ihr wurden bis in die 1990er Jahre fast 60 000 Stück aufgestellt (ursprünglich westdeutsche Standardsirene). Ihr Ton ist in ländlichen (dünnbesiedelten) Gebieten in 600 m Entfernung mit etwa 70 dB(A) hörbar. In dicht bebauten Gebieten wie Industriezonen oder in Regionen mit mehrstöckigen Gebäuden kann mit der E 57 bei gleicher Lautstärke nur noch eine Reichweite von ca. 350 m erzielt werden. Elektronische Sirenen erzeugen den Ton mit einem elektronischen Druckluftverstärker. Mit einer Steuerung wird das Auf- und Abschwellen der mechanischen Sirene nachempfunden. Der Vorteil der elektronischen Sirenen ist, dass sie über keine beweglichen Teile verfügen, somit verringern sich Gewicht, Wartungsaufwand und Stromverbrauch. Dennoch erreichen sie nicht die Zuverlässigkeit und Haltbarkeit von Motorsirenen, die oft jahrzehntelang zuverlässig funktionstüchtig sind. Mittels Versorgung über einen Akku, der durch Solarzellen oder über das Stromnetz geladen werden kann, ist diese Sirenenart auch teilweise unabhängig vom Stromnetz. Nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe muss eine elektronische Sirene etwa 900 W Leistung aufweisen, um mindestens den gleichen Schalldruck wie eine E 57 zu erzeugen. Die einzelnen Schalltrichter können in individuell gewünschte Richtungen gedreht werden, um bestimmte Gebiete stärker oder schwächer zu beschallen. Ferner lassen sich mit elektronischen Sirenen auch Sprachdurchsagen realisieren.

Die Alarmierung der ehrenamtlichen Kräfte der Feuerwehren erfolgt in einigen -meist stark ländlich geprägten- Gebieten nach wie vor mittels Sirenen (auch als laute Alarmierung bezeichnet). Gerade in Städten und dichter besiedelten Regionen jedoch gehen seit den 1970er Jahren nahezu alle Feuerwehren dazu über, auf die sogenannte stille Alarmierungmittels Funkmeldeempfänger (Pager) und vereinzelt auch zusätzlich per SMS und Apps umzustellen. Nachteile der Sirene bei der Alarmierung von Rettungskräften sind die große Lärmbelästigung der nicht beteiligten Bevölkerung vor allem in den Nachtstunden, das Anlocken von Schaulustigen und die Abhängigkeit von der Witterung, besonders starker Wind führt eventuell zu nicht ausreichender oder zu weit reichender akustischer Reichweite. So kann es vorkommen, dass die Sirene selbst im eigenen Ort nicht überall gehört wird oder umgekehrt der Schall so weit getragen wird, dass er gleich in mehreren Orten Feuerwehrleute aufschreckt, da eine genaue Ortszuordnung nur schwer möglich ist. Hinzu kommt, dass per Sirene keine gezielte Alarmierung einzelner, an der Einsatzstelle benötigter Einsatzkräfte mit besonderer Ausbildung (z.B. Atemschutzgeräteträger, Gefahrgutspezialisten) oder Funktion (z.B. Führungskräfte, Fachberater) möglich ist und auch nicht variabel auf die an der Einsatzstelle benötigte Anzahl der Kräfte (Vollalarm für alle, Kleinalarm für einen Teil der Feuerwehrleute einer Feuerwehr oder Abteilung) eingegangen werden kann.

Auch in Reichelsheim geht es aktuell vorwärts: Die Gemeinde investiert über 100.000 Euro in die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger, es werden rund 15 neue Sirenen für das gesamte Gemeindegebiet angeschafft. Die Umrüstung ist aktuell bis 2026 vorgesehen, die erste neue Sirene wurde bereits in der Kerngemeinde im Krautweg am Hochbehälter installiert.

Eine kleine "Hörprobe" zu den Sirenensignalen:


Vielen Dank an MardekSirenen (https://www.youtube.com/@MardekSirenen) für die Nutzung des Videos. [SHJ]